Es geht um mehr als die AfD

Die in Teilen rechtsextreme Partei AfD gefährde den Wirtschaftsstandort Deutschlands, heißt es in diesen Tagen von prominenten Stellen. Ausländerfeindlichkeit schrecke Investitionen und Arbeitsmigranten ab., die Deutschland doch so dringend brauche. Die Wirtschaft stellt sich deshalb gegen die AfD.

Das ist gut. Aber es reicht nicht. Das Problem ist im Kern nicht die AfD, das Problem ist das Denken und die Haltungen, welche Menschen zu AfD-WählerInnen machen. Das Problem löst man weder durch öffentliches Verdammen der AfD, noch, indem sich andere Parteien Gedankengut und Sprache der AfD aneignen.

Insofern macht es sich, wer sich nur von der AfD distanziert, nicht nur zu einfach, sondern verschärft möglicherweise das Problem; mindestens dann, wenn gedacht wird, man habe mit der Distanzierung das Notwenige getan.

Nein, das Problem liegt tiefer. Ressentiments gegenüber Menschen aus anderen Ländern und Kulturen und Ressentiments gegenüber Veränderung an sich, sind verbreitet in Deutschland , sind – wenn mich meine Lebenserfahrung nicht täuscht – schon lange weit verbreitet. Obwohl der Ausländeranteil seit sechs Jahrzehnte Jahren hierzulande kontinuierlich wächst und Deutschland von Weltoffenheit so stark profitiert hat, wie wenige andere Staaten, hat die offen Gesellschaft (Karl Poppers) viele Feinde.

Es ist ein langer Weg, dies zu ändern. Aus der scharfen Distanzierung von rechtsextremen Parteien muss mehr werden als der Versuch der Absolution. Wir müssen uns gegen jene wenden, die so denken, parteiübergreifend. Besser noch: Wir müssen uns nicht gegen sie wenden, wir müssen uns ihnen zuwenden. Wir müssen verstehen, aufklären – und argumentieren gegen die Vorbehalte der offenen Gesellschaft.

Denn am Ende entscheidet die Mehrheit. Überzeugungsarbeit ist das wichtigste politische Mittel in der Demokratie. Wir müssen diese Mehrheit für die offene Gesellschaft immer wieder aufs Neue organisieren. Ansonsten wird sie verschwinden – und alles, was wir an ihr so lieben, die Vielfalt, den Wohlstand und die Freiheit.

2 thoughts on “Es geht um mehr als die AfD

  1. Auch hier mal ein Widerspruch. Der Beitrag liest sich so, als seien etwaige Ressentiments per se völlig grundlos und die eigentliche Aufgabe bestehe nur in der “Umerziehung” der Sünder (wenn ich mal so frei zusammenfassen darf…).
    Aber wir können nicht außer Acht lassen, welche Struktur die aktuelle Einwanderung nach Deutschland hat. Es kommen weniger Menschen, die für jeden sichtbar zum Wohlstand beitragen, sondern im Gegenteil über den Asylweg überwiegend solche, die erstmal von diesem Wohlstand profitieren wollen. Darunter sind dann wiederum viele aus Ländern, in denen sie auf eine Art sozialisiert wurden, die vielleicht noch in das Deutschland der 50er Jahre gepasst hätte, aber keinesfalls in das heutige. Und wenn es ganz schlimm läuft, bringen sie diverse Traumata aufgrund von Gewalterfahrungen mit. Die Folgen sehen wir dann in der Kriminalstatistik, aber auch in Verhaltensanpassungen im Alltag, die in keiner Statistik auftreten. Man geht nicht mehr allein über bestimmte Plätze, hält sich nicht mehr zu bestimmten Uhrzeiten an anderen Orten auf, senkt den Kopf, wenn einem eine lockere Gruppe “Jugendlicher” entgegen kommt etc,
    Natürlich heißt das nicht, dass man den Ausländer A, der einem lächelnd gegenüber tritt, ablehnen soll, auch dann nicht, wenn es sich um einen bekennenden Muslim handelt. Aber wer in der Lage ist, sich diesen Luxus zu leisten, sich also z.B. eines potenziellen Mitarbeiters zu berauben, wird angesichts der publizierten Erfahrungen anderer dann aus Vorsichtsgründen eben doch den dauerhaften Kontakt vermeiden. Wachsende Parallelgesellschaften werden auch eher nicht gewünscht.
    Und auf der anderen Seite fehlen die Positivbeispiele derer, die bekanntermaßen zu unserem Wohlstand beitragen. Davon gibt es zu wenige, weil diejenigen, die das könnten, lieber woanders ihr Glück versuchen. Die Gründe sind bekannt: Sprache, Bürokratie, Abgaben, und eben eine z.T starke Ablehnung in Teilen der Bevölkerung – für die sie nichts können, die ihnen aber von der Politik als Ei ins Nest gelegt wurde, weil woanders diese Ablehnung gefüttert wird.
    Der Wunsch nach qualifizierter Zuwanderung muss viel mehr Realität werden, notfalls eben tatsächlich u.a. durch Einführung von Englisch als zweiter Behördensprache, wie von FDPlern (war es Johannes Vogel?) vorgeschlagen. Und auf der anderen Seite muss die Zuwanderung über das Asylsystem eingerschränkt werden, sonst wird auch aus einer für ausländische Fachkräfte attraktiven Senkung der Abgaben nichts.
    Ich finde, um die Thematisierung dieses Ungleichgewichts kommen wir nicht herum, und wir würden ohne auch nicht diejenigen erreichen, die auf die helle Seite der Macht herübergezogen werden sollen.

    Like

    1. Ich lese bei dieser Thematik selten so sachliche Gegenpositionen. So wird das Abgleichen der eigenen Position mit den Argumenten der Gegenseite möglich. Für mich jedenfalls. Danke dafür.

      Like

Leave a comment

This site uses Akismet to reduce spam. Learn how your comment data is processed.